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«Man gönnt sich wieder Vinyl»

Peter Griebsch (r.) und Martin Weber im Oldieshop an der Scheibenstrasse in Thun.

Überall stehen Platten im Laden an der Scheibenstrasse, am Eingang des Selve-Areals. Sich in den engen Gängen dazwischen zu bewegen, ohne anzustossen wird spätestens zum Kunststück, wenn man einen anderen Kunden kreuzen will. «Es sind etwa 10000 Stück», schätzt Peter Griebsch, «grösstenteils Langspielplatten.» Das Sortiment umfasse eine breite Stilpalette von Pop, Rock, Blues hin zu Jazz, Funk und Soul oder gar Punk und Reggae; der Bestand sei seit Jahren konstant, fährt der Ladenbetreiber fort. Heisst: Er kauft und verkauft pro Jahr etwa gleich viele Platten. «Je mehrere hundert.» Hat er eine Platte, die ein Kunde sucht, nicht im Laden, treibt er sie auf. «In mehr als 90 Prozent der Fälle finde ich, was jemand sucht.»

Leben von Stammkunden

Peter Griebsch hat als Schallplattenhändler schon bessere Zeiten gesehen. «Als die Selve noch Ausgehmeile war, hatte ich viel Laufkundschaft», sagt er. «Heute lebe ich vor allem von Stammkunden.» Wobei er mit «leben» das Leben als Vinyl-Fanatiker meint. «Der Schallplattenhandel ist mein Hobby», sagt er, «Vinyl ist eine Leidenschaft!» Seine Brötchen verdient er als Aussendienstmitarbeiter in einer Werbeagentur. Jede Woche verbringt Griebsch gut acht Stunden im Laden.

Donnerstags hat er von 18 bis 21 Uhr geöffnet, samstags von 12 bis 16 Uhr. «Wir haben Kunden aus der ganzen Schweiz», sagt Griebsch und meint mit «wir» sich selber und seinen langjährigen Freund Martin Weber, der ihm seit ein paar Jahren im Laden hilft. «Weil er genauso ein Vinyl-Freak ist wie ich», sagt Griebsch und betont: «Tinu hat ein wahnsinnig breites Musik-Wissen!» Während Griebsch seine eigenen Vorlieben und Stärken bei Pink Floyd, sowie im Blues und Bluesrock ortet, schlägt Webers Herz für die Rolling Stones, Blues und Schweizer Rock.

Nur eine Handvoll CDs

Seit 1991 handelt Peter Griebsch an der Scheibenstrasse mit Vinyl-Platten; laut eigenen Angaben ist sein Geschäft das letzte im Berner Oberland, in dem es «bis auf wenige Ausnahmen» ausschliesslich Vinyl-Tonträger gibt. Tatsächlich steht nur ein kleines Gestell mit einer Handvoll CDs im Laden... Der Grund? «Musik ab Vinyl hat eine Klangqualität, die eine CD nie erreicht!» Tatsächlich wird das Klangspektrum für Musik auf CDs beschnitten – um Speicherplatz zu sparen. Wer Musik zum Genuss höre – «alle, die daheim ein Musikzimmer mit einer hochstehenden Anlage haben» – werden nie um Vinyl herumkommen, ist der 52-Jährige überzeugt. In einem gewissen Sinn seien die (meist) schwarzen Scheiben zu einem Luxusgut geworden. «Das gönnt sich nicht jeder – aber man gönnt es sich wieder mehr», weiss Griebsch, der, wie er sagt, zufälligerweise zum Plattenhändler wurde.

Start auf dem Flohmarkt

«1984 wollte ich am Flohmarkt auf dem Thuner Rathausplatz allen möglichen Krempel verkaufen. Am Abend waren Geschirr, Bilder und so weiter noch da. Leer war nur die Kiste mit den Platten.» Am nächsten Flohmarkt verkaufte Peter Griebsch zwei Kisten voll mit Platten; bald hatte er das Privileg, seinen Stand unter den Arkaden des Rathauses am Trockenen aufstellen und ein Stromkabel für einen Plattenspieler im Rathaus einstecken zu dürfen. Als 1991 der Flohmarkt vom Rathaus- auf den Mühleplatz zügelte, sprang Griebsch ab. «Ich konnte ein Lokal mieten und sagte, ohne gross zu zögern, zu.» Denn: «Wind, Wetter und Temperaturschwankungen tun den Platten nicht gut.»

Schallplatten waschen

Schallplatten sind wertvoll und bedürfen viel Pflege. Pflege, die Griebsch in seinem Laden ebenfalls anbietet – mit einer Plattenwaschmaschine. «Damit werden Rückstände aller Art entfernt», sagt der Plattenhändler, «Fett, Staub, Rauch – und sogar allfällige Beschichtungen, welche die volle Entfaltung des Klangvolumens verhindern.» Der Unterschied zwischen einer gewaschenen und einer ungewaschenen LP sei «ein Quantensprung», sagt Griebsch, und betont, wie gefragt der Service sei: Letztes Jahr habe er während drei Monaten für einen DJ ganze 400 Platten gewaschen, erzählt Griebsch.

Trend verpasst?

Solche Erlebnisse, aber auch junge Kunden, die immer wieder den Weg an die Scheibenstrasse finden, lassen Griebsch hoffen, dass er sein Hobby noch lange betreiben kann. «In den USA oder in Deutschland erlebt Vinyl derzeit einen regelrechten Boom», sagt er. «Bloss wir Schweizer sind wieder einmal ‹hinger drii›.» Doch die Hoffnung, dass die Nostalgie-Welle und der Wunsch nach Musik in reiner Klang-Qualität trotz CD, iPod und Liedern im digitalen MP3-Format noch auf die Schweiz überschwappen, geben weder Griebsch noch Weber auf. Viel mehr sind die beiden sich einig: «Keep the Vinyl alive!» – «Haltet das Vinyl am Leben!»

Oldiesound Thun, Scheibenstr. 7, (Selve Areal) 3600 Thun. Tel. 079 643 57 27. Mail oldiesound@hispeed.ch. Versand von Gratis LP-Liste. Öffnungszeiten: Do. 18-21h, Sa. 12-16h.